Κυριακή 4 Οκτωβρίου 2015

Der Wartesaal …

Der feuchte Morgen erwischte mich im Park der Stadt. Mein täglicher Spaziergang in ihm schenkt mir lebensspendende Atemzüge, die Lungen füllen sich mit reiner, in diesem gesegneten Garten gefilterten, Luft. Die Ausdauer für den Alltag steigt.

Diesmal, gleich beim Verlassen des Parks, blieb ich kurz vor einem Gebäude stehen, das mir bislang noch nicht aufgefallen war. Es war eine Kugel. Bei einer überschlägigen Berechnung stellte ich fest, dass sie die gleichen Dimensionen besaß wie die Erde, nur in kleinerem Maß. Ich blieb für einen Moment fassungslos stehen, dann lief ich ihm entgegen.

Als ich mich ihm näherte, las ich am Eingangssturz „Warteraum“. Sonst nichts. Ich kam näher heran. Mich reizte die dorische Schrift. Ich stieg auf die oberste Stufe der Treppe und öffnete die Tür. Ich schritt etwas zögerlich hinein, bis ich den dumpfen Schlag hinter mir hörte, die Tür schloss und … verschwand!

Für einen Moment geriet ich in Panik. Dann jedoch erkannte ich im schwachen Licht viele Menschen, die im Kreise saßen. Jeden Alters, Geschlechts und jeder Rasse, da ich Weiße und Schwarze, Asiaten und Indianer erkannte. Mein Blick fing an sich zu drehen, um alle diese Gesichter zu erfassen. Sie waren jedoch unzählig viele. Ich hörte auf.

 «Wo bin ich, und was macht ihr hier?» fragte ich die Anwesenden.

 «Du befindest dich im Saal der Hoffnung und wir üben Geduld. Wenn du es bis hierher schaffst, wirst du eingefangen und du entkommst nie, oder besser gesagt sehr schwer», antwortete ein Älterer.

Was ist die Hoffnung?

Die Hoffnung ist der Abstand zwischen dem Verlangen und dessen Erfüllung. Sie stammt offensichtlich aus dem Denkvorgang. Ihre Zuständigkeit befindet sich immer in der Vergangenheit, ihre Gier jedoch strebt nach der Beherrschung auch der Zukunft. Wie bekannt, ist das Denken eindimensional. Es bewegt sich im Gleichschritt mit der Zeit. Sein Hauptmerkmal ist seine Verweigerung, sich mit dem Erreichten abzufinden. Und da es den Wunsch nicht erfüllen kann, es fantasiert, erwünscht, erwartet, also es hofft. Und die Gegenwart ist natürlich immer abwesend.

Demnach stellt die Hoffnung die Projektion der Vergangenheit in die Zukunft dar.

Die Menschen im Saal der Hoffnung öffneten sich und fingen an zu sprechen:
           
«Ich bin der zweitreichste Mensch in der Welt, aber ich möchte der erste werden»

 «Ich will Macht erlangen, um über die anderen und deren Schicksal zu herrschen»

 «Ich sitze hier und hoffe, wenn ich sterbe, ins Paradies zu kommen»

 «Ich will, dass meine Partei bei der Regierung dabei ist, damit ich Arbeit habe. Ich habe Angst von der Partei auszutreten, ich werde verschwinden, wenn ich aus ihrer Umarmung ausschere. Denn ich hoffe, dass die Politiker mir das irdische Paradies anbieten werden». 

 «Ich glaube an meinem Glauben und übe Geduld bis mir Gottes Worte offenbart werden, während ich gegen Seine Lehre handele. Muß ich noch lange warten?»

 «Ich übe Geduld bis meine Traumfrau zu mir kommt. Ich bin beim Warten alt geworden, sie auch. So hoffe ich auf das nächste Leben, wo wir beide jung sein werden, dass sich die Situation besser entwickelt».

 «Ich bin unbedeutend und ich möchte wichtig werden, so dass mich die naiven bewundern».

 «Ich hoffe auf eine gerechte Welt, aber ich weigere mich, mich von meiner inneren Ungerechtigkeit zu trennen».

 «Ich bin böse und hoffe, künftig ein guter Mensch zu werden, aber ich weiß nicht was mich daran hindert es jetzt zu tun».

Und so setzten die Menschen im kreisrunden Saal fort, ihre Wünsche, ihren Willen zu äußern. Sie lebten und atmeten für all das. Sie hatten die Wirklichkeit total vergessen, in der sie lebten, sie war für sie nicht existent, sie interessierte sie nicht. Ihre gesamte Energie war in die Zukunft gerichtet. Den hinterhältigsten Feind, der ständig lauert, einem alles weg zu schnappen. Und du, eingeschüchtert, sitzt machtlos vor ihm.

Das Denken ist unser Dynast. Es hält uns gefangen. Es hindert uns daran aufzustehen, seine hinterhältigen Fesseln zu durchbrechen. Und es schafft es ausgezeichnet. Wenn man gierig ist und die Zukunft beherrschen will, wird automatisch die Falle der Hoffnung errichtet. Sobald der eine Wunsch in Erfüllung gegangen ist, wird man von der Hoffnung in der Erwartung des nächsten Wunsches eingefangen, und des übernächsten, und so beharrt man ununterbrochen in der Warteschlange…..

Die Gegenwart ist Handeln. Sie ist pure Energie, solange Uneigennützlichkeit herrscht. Das Denken ist gerissen, es intrigiert immer, um seine Interessen durchzusetzen. Und der persönliche Nutzen ist eine Katastrophe für die anderen. Womöglich auch für sich selbst, aber das interessiert nicht.

Als letzter sprach der Elder: «Viele Dinge worauf ich gewartet habe, sind nicht eingetreten. Andere ereigneten sich, die ich nicht erwartet habe. Die Zeit ist eine sonderbare Angelegenheit, manchmal verstreicht sie langsam und manchmal schnell, und immer in diesem Ablauf herrscht Erwartung».

«Du Edler, auf was hoffst Du?»

«Ich hoffe auf einen schmerzfreien Tod. Jetzt, wo ich jedoch darüber nachdenke, die Hoffnung ist ein langsamer Tod, und deswegen stirbt sie zuletzt».

«Und warum soll sie nicht als erste sterben?» fragt ich ihn mit einer Naivität, die meine eigen ist.

Weil, wenn sie als erste stirbt, wird sie dir Mensch deine Freiheit geben. Und du hältst sie nicht aus.

Am Rande des Saals spielte ein Kind sorglos mit seinen Spielsachen. Seine gesamte Energie befand sich in der Gegenwart. Es ignorierte die Hoffnungen und die Ängste der Anderen. War der Saal für das Kind unsichtbar?

Was meint ihr?






Die Bewohner der Welt…